Wie schaffe ich Zeit, um an Zielen zu arbeiten?

Unternehmerische Ziele zu verwirklichen, hat einen großen Gegenspieler: das operative Alltagsgeschäft. Wie schaffe ich nachhaltig Zeit für Ziele in meiner Organisation?

Mitarbeitende sehen sich häufig vor einem unlösbaren Konflikt: Wem sollen sie ihre Aufmerksamkeit schenken – dem dringlichen Alltagsproblem oder dem wichtigen Ziel?

Menschen in Organisationen ist selten langweilig. Die verfügbare Zeit wird gefüllt mit dem operativen Geschäft, neuen Projekten, Austausch mit Kollegen oder internen Problemen. Setzt ein Unternehmen nun neue strategische Ziele, stehen diese in Konkurrenz zum Alltag – durchaus ganz bewusst.

Das Objectives & Key Results (OKR) Framework fordert beispielsweise, Ziele zu verfassen, die nicht das Alltagsgeschäft umfassen, sondern Veränderungen herbeiführen oder neue Ideen verwirklichen sollen.(1) Nur so könne relevanter Fortschritt erzielt werden. Genau dieser Anspruch befeuert aber auch die Spannung zwischen Alltag und Zielen.

Da wir im Alltag keine freie Zeit für die neuen Ziele haben, müssen wir folglich andere Tätigkeiten einstellen oder reduzieren. In der Praxis ist das durchaus herausfordernd und einer der Hauptgründe, warum unternehmerische Ziele nicht erreicht werden.

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Organisation sind meist ausgelastet. Arbeit an Zielen kommt dazu und steht in Konkurrenz zu anderen Ereignissen oder neuen Wünschen.

Laut einer Umfrage vom Harvard Business Journal gaben nur 11% der Manager an, dass alle strategischen Ziele ihres Unternehmens mit den für den Erfolg erforderlichen finanziellen und personellen Ressourcen ausgestattet sind.(2) Offenkundig nehmen sich Unternehmen also zu viel vor oder scheitern daran, die notwendigen Kapazitäten dafür zu organisieren.

Warum ist es so schwer, die richtige Balance zu finden?

Es gibt mehrere Gründe, warum es Menschen in Unternehmen trotz aller guten Vorsätze misslingt, wichtigen Zielen ausreichend Aufmerksamkeit zu schenken:

  1. Die Arbeit an den Zielen ist oftmals mit mehr Anstrengungen verbunden, weil sie eben nicht die bequeme Routine umfasst, die wir bereits gut beherrschen. Dies führt (unterbewusst) dazu, dass wir die Arbeit daran lieber aufschieben.
  2. Das Alltagsgeschäft erscheint uns fast immer dringlicher zu sein. Die Arbeit an dem unternehmerischen Ziel kann ich leicht einen weiteren Tag aufschieben. Wenn ein Kunde jedoch wütend anruft, werde ihn wahrscheinlich nicht auf einen späteren Zeitpunkt vertrösten.
  3. Mitarbeitende fühlen sich (hoffentlich) verantwortlich für die operativen Tätigkeiten. Entsprechend entsteht ein Unwohlsein dabei, diese sonst doch wichtigen Aktivitäten zu reduzieren oder gar sein zu lassen.
  4. Oftmals wird seitens der Führungskräfte nur kommuniziert, was wichtig ist, nicht aber, was dafür zurückgestellt werden darf. Entsprechend unsicher sind sich Mitarbeitende, was sie zugunsten der Ziele aufgeben sollten.
  5. Während der Zielbearbeitung treten unweigerlich neue Ereignisse auf, die Aufmerksamkeit einfordern. Es besteht stets die Gefahr, dass die für die Ziele erkämpfte Zeit im weiteren Verlauf wieder verloren geht.
  6. Viele Unternehmen haben keine klare Übersicht darüber, woran alles gearbeitet wird. Daher passiert es schnell, dass zu viel parallel bearbeitet wird, also eine konstante Überlast im System vorherrscht.
  7. Wird das Alltagsgeschäft zu sehr vernachlässigt (z.B. der Kundensupport), entstehen dort kurz- bis mittelfristig Probleme, deren Behebung wiederum Energie und Aufmerksamkeit kostet.
Das Alltagsgeschäft wird nahezu immer dringlicher erscheinen, als die Arbeit an den Zielen.

Wir brauchen also Strategien, um Zeit für die Ziele zu gewinnen, diese gegenüber neuen Wünschen oder Ereignissen zu verteidigen und gleichzeitig nicht die Kontrolle über das Alltagsgeschäft zu verlieren.

Schritt 1: Status Quo erfassen

Bevor wir versuchen, Zeit für Ziele zu optimieren, brauchen wir zunächst ein objektiveres Bild der aktuellen Situation. Menschen über- oder unterschätzen oft die tatsächlich aufgewendete Zeit. Entsprechend ist es hilfreich, die Arbeitszeiten systematisch zu erfassen. Wichtig, dies soll kein Kontrollmechanismus sein, der im Mikromanagement der Mitarbeitenden endet.

Die Messung hat mehrere Funktionen:

  1. Sie soll Mitarbeitenden dabei helfen, zu einer objektiveren Selbsteinschätzung zu kommen.
  2. Sie soll Potenziale aufdecken, wo gegebenfalls Zeit gespart werden kann.
  3. Sie soll Diskrepanzen zwischen Anspruch und Realität aufdecken.
  4. Sie dient uns als Monitoring-Tool, damit wir im Verlauf nicht schleichend einbrechen.
  5. Sie soll die Wirksamkeit von getroffenen Maßnahmen prüfen.

Gerade zu Beginn reicht es aus, Kategorien von Tätigkeiten zu erfassen, anstatt konkrete Aufgaben. Also lieber 9:00-9:30 Daily, 9:30-11:00 Support, 11:00-13:00 Projekt X als einzelne Schritte wie “Support-Ticket 234 bearbeitet” oder “mit Kollegin X gesprochen”.

Neben der zeitlichen Messung ist es ebenfalls hilfreich, die aktuellen (oder bereits geplanten) Projekte der am Ziel beteiligten Personen aufzulisten. Aus Erfahrung können wir sagen, dass viele Menschen überrascht über die Anzahl sind, sobald sie es aufschreiben.

Ausgehend von dieser Nullmessung können wir nun die ersten Veränderungen vornehmen.

Schritt 2: Reduzieren

Zunächst sollte unbedingt versucht werden, die Anzahl an Tätigkeiten und Projekten so weit wie möglich zu reduzieren. Dies hat drei Gründe:

  1. Es entsteht so logischerweise mehr Zeit für das wichtige Ziel.
  2. Unterbrechungen und ineffiziente Wechsel zwischen Tätigkeiten nehmen ab.
  3. Wir haben so überhaupt Kapazitäten, um andere Verbesserungen vorzunehmen.

In der Praxis können wir immer wieder beobachten, dass wenn es um das Thema Zeit geht, schnell gut gemeinte Verbesserungs- oder Optimierungsschritte vorgeschlagen werden. Die haben zwar ihre Relevanz, erzeugen aber zu Beginn nur noch mehr zeitliche Belastung.

Daher zuerst reduzieren, bevor optimiert wird!

Anzahl paralleler Projekte reduzieren

Dieser Schritt kann nur sinnvoll in Anwesenheit des zuständigen Managements durchgeführt werden. Es bringt recht wenig, wenn eine Mitarbeiterin von Führungskraft A hört, sie solle die Anzahl ihrer Projekte zugunsten des neuen Ziels reduzieren, sie aber dann bei ihrer Führungskraft B auf taube Ohren stößt. Letztlich funktioniert dieser Priorisierungsprozess nur mit Menschen mit entsprechender Entscheidungsgewalt.

Ähnlich wie bei der Zeiterfassung gilt auch hier, den Schritt nicht zu kompliziert zu gestalten, um einerseits die Bereitschaft sicherzustellen und andererseits zu Ergebnissen zu kommen. Konkret kann das wie folgt ablaufen:

  1. Alle sammeln auf Post-its die relevanten Projekten, Ziele etc. ein, die aktuell verfolgt werden oder kurz vor dem Start stehen.
  2. Die Post-its werden vorgestellt, um ein gemeinsames Verständnis herzustellen, was damit gemeint ist.
  3. Die Projekte/Ziele werden von den jeweiligen Autoren in einer einfachen Bewertungsmatrix einsortiert (siehe Bild).
  4. Nachdem alles platziert ist, können Einwände eingebracht werden und die Zettel wiederum verschoben werden.
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Einfache Bewertungsmatrix, um Initiativen zu sortieren
Einfache Bewertungsmatrix, um Initiativen zu sortieren

Ziel ist es nicht, eine perfekte Reihenfolge für das gesamte Jahr herzustellen, sondern offensichtliche Kandidaten zu identifizieren, die entweder gestrichen oder auf später verschoben werden können.

Operative Tätigkeiten reduzieren

Ebenfalls sollten nach den alltäglichen, operativen Tätigkeiten der Mitarbeitenden geschaut werden. Häufig ist es zwar nicht möglich, Aktivitäten komplett einzustellen, aber durchaus sie zu Gunsten des Ziels zu reduzieren (z.B. den Newsletter nur noch alle zwei Wochen zu versenden anstatt jede Woche).

Des Weiteren kann auch geprüft werden, ob andere Mitarbeitende im operativen Geschäft mehr aushelfen können. Dies ist jedoch mit Vorsicht zu genießen, weil dies schnell ein Ungerechtigkeitsgefühl auslösen kann. So kann Mitarbeiter X den Eindruck gewinnen, dass Mitarbeiterin Y die wichtige Arbeit machen darf und er nur den unwichtigen Alltagskram.

Daher ist es auch hier entscheidend, alle Betroffenen in einen Raum zu holen und dies gemeinsam zu besprechen (ganz gleich, wie der Entscheidungsprozess am Ende aussehen). Wie eingangs schon erwähnt, wollen wir vermeiden, neue Baustellen an anderer Stelle im Unternehmen aufzureißen. Entsprechend ist es wichtig, alle gut abzuholen und keine zu großen Lücken entstehen zu lassen.

Zufuhr an neuer Arbeit kontrollieren

All diese Maßnahmen nutzen allerdings nichts, wenn wenige Wochen darauf wieder neue Tätigkeiten aufgenommen werden. Typischerweise erfolgt dies meist dadurch, dass eine Führungskraft eine neue Opportunität sieht oder ein Ereignis (Kunde beschwert sich über die Fehleranfälligkeit des Produkts) eine Reaktion provoziert.

Es ist daher enorm wichtig, einen Prozess zu etablieren, der die Zufuhr an neuer Arbeit in die Organisation bzw. an die Menschen, die an dem kritischen Ziel beteiligt sind, prüft und limitiert. Realistisch betrachtet wird es immer Situationen geben, auf die ein Unternehmen reagieren muss. Dies sollte aber eine bewusste und gut überlegte Entscheidung sein und kein Unfall.

Schritt 3: Effektiver handeln

Zeit, um an Zielen zu arbeiten, ist eine notwendige Bedingung für die Zielerreichung. Das bedeutet, ohne sie geht es nicht, aber sie führt nicht allein automatisch zum Erfolg. Entscheidend ist auch, WIE die vorhandene Zeit genutzt wird. Es darf also nicht allein darum gehen, möglichst viel Zeit für Ziele zu schaffen (was meist an anderer Stelle zu Kompromissen führt), sondern die begrenzt verfügbare Zeit möglichst effektiv zu gestalten.

Es gibt mehrere Ansätze, um effektive Handlungen zu identifizieren:

The One Thing und The Big Easy

Gary Keller spricht sich in seinem Buch “The One Thing” (3) für eine radikale Fokussierung aus. Um diese zu erreichen, soll man sich die Frage stellen: »Was ist die eine Sache, die wir tun können, sodass dadurch alles andere einfacher wird?« Die Frage provoziert, über die wesentlichen Hürden nachzudenken und die Maßnahmen zu identifizieren, die entscheidend für Erfolg sind. Anschließend geht es darum, die gesamte Energie genau dort hinein fließen zu lassen, anstatt zu vieles gleichzeitig zu beginnen, ohne es zeitnah abschließen zu können.

Aus Strategic Doing gibt es die Idee des “Big Easy” (4). In einem mehrstufigen Prozess werden zunächst mögliche Maßnahmen/Opportuntitäten gesammelt, dann die vorhandenen “Assets” (Fähigkeiten, Kontakte, Menschen, Ressourcen etc.) der Gruppe. Anschließend nehmen alle eine Einschätzung vor, für wie wirksam und leicht umsetzbar sie die denkbaren Maßnahmen halten. Alles, was erwartbar eine große Wirkung erzielt und leicht umzusetzen ist, gilt als “the big easy”.

The Big Easy Zone aus "Strategic Doing" (4)

Hintergedanke ist, möglichst zügig in die Umsetzung zu kommen, um Fortschritte zu erzielen (wichtig für die Motivation und Stakeholder-Kommunikation) als auch aus der Praxis zu lernen.

Kritische Annahmen und Risiken behandeln

Wenn wir Ziele bearbeiten, die komplexe oder uns unbekannte Themen umfassen (siehe EIN-Framework), ist es entscheidend, zunächst kritische Annahmen und Risiken zu identifizieren. Diese bieten uns dann eine Orientierung, woran wir zuerst arbeiten sollten bzw. was das Wichtigste und damit Effektivste ist.

Ein Beispiel: Einer unserer Kunden arbeitete am Austausch seines ERP-Systems. Eine berechtigte Sorge der Projektverantwortlichen war die Akzeptanz der Mitarbeitenden gegenüber der neuen Software – insbesondere, ob sich diese gut bedienen lässt. Wir haben dann mit den Verantwortlichen eine Abhängigkeitskette der Risiken aufgebaut.

Daraus ergab sich, dass zunächst sichergestellt werden muss, dass die vorhandenen und zukünftigen Systeme überhaupt die benötigten Daten untereinander austauschen können. Denn was nutzt ein total nutzerfreundliches System, wenn es nicht mit anderen Bestandteilen der digitalen Systemlandschaft effektiv kommunizieren kann – oder nicht wirtschaftlich ist?

Abhängigkeiten von Risiken aus einem Fallbeispiel
Abhängigkeiten von Risiken aus einem Fallbeispiel

F.I.R.E. – Reduktion auf das Wesentliche

Dan Ward stieß bei der Studien verschiedenster Projekte des Air Force Institute of Technology auf ein interessantes Muster: “the most successful project leaders from government and industry alike tend to deliver top-shelf stuff with a skeleton crew, a shoestring budget, and a cannonball schedule.” (5) Aus dieser Beobachtung entwickelte er schließlich die sogenannte FIRE-Methode (Fast, Inexpensive, Restrained and Elegant).

Im Kern spricht er sich für Projekte aus, die auf das Wesentliche reduziert sind und nicht durch zu große Teams, Budgets, lange Zeitpläne etc. aufgeblasen und dadurch unkontrollierbar werden. Für unseren Effektivitätsgedanken bedeutet das wiederum: Wie können wir das Ziel in möglichst geringer Zeit, mit wenig Budget und mit einem kleinen Team elegant, d.h. möglichst einfach, erreichen?

Es spricht einiges dafür, genau so an Ziele heranzugehen, da wir oft sowieso nicht genug Zeit haben, um alles gründlich, vollständig und intensiv zu bearbeiten. Zudem haben wir immer das Risiko, dass bei einem längeren Verlauf, das Ziel obsolet wird oder der Fokus auf andere, neue Ereignisse gesetzt wird.

Damit dieses Konzept funktioniert, müssen einerseits die Rahmenbedingungen passend gesetzt werden, und andererseits die am Ziel beteiligten Personen in der Lage sein, die essenzielle Problemstellung herauszuschälen und sie kreativ zu lösen (siehe auch Menschen im EIN-Framework).

Effektivität messen

Insbesondere, wenn wir über Ziele sprechen, bei denen wir etwas Bestehendes verbessern wollen (EIN-Framework → IMPROVE), spielen Zahlen eine zentrale Rolle. Effektivität bedeutet hier, dass unsere getroffenen Maßnahmen die relevanten Metriken positiv verändern. Prüfen wir nicht die Wirksamkeit unserer getroffenen Maßnahmen, können wir Effektivität nicht erkennen und tappen folglich im Dunkeln.

Schritt 4: Effizienter werden

Sobald wir wissen, woran wir arbeiten sollten, können wir uns sinnvoll mit der Effizienz beschäftigen. Das Falsche sehr effizient umzusetzen, führt zu keinem Erfolg.

Effiziente Arbeit bedeutet, dass wir möglichst viel der vorhandenen Zeit für die wirksamen Maßnahmen aufwenden. Leider ist der Arbeitsalltag vieler Menschen voll von nicht direkt wertstiftender Arbeit, also z.B. mit:

  • Wir warten auf die Antwort/Zuarbeit einer anderen Person.
  • Wir erklären die Inhalte eines Meetings anderen Personen, die nicht teilgenommen haben.
  • Wir haken bei anderen Menschen nach, wann wir einer Antwort rechnen können.
  • Wir arbeiten uns gedanklich wieder in die Materie ein, nachdem wir unterbrochen wurden.
  • Wir suchen Informationen und Dokumente…

Für viele Teams hat es sich in der Praxis gelohnt, gemeinsame Routinen zu vereinbaren, um wirksam an den gesetzten Zielen zu arbeiten. Dazu gehören zum Beispiel:

  • Regelmäßige kurze Koordinations-Meetings wie ein Daily
  • Gemeinsame Arbeitszeiten in einem (virtuellen) Raum
  • ein geteiltes Board, was den Status der vereinbarten, nächsten Aufgaben darstellt
  • eine klar abgestimmte Dokumentations- bzw. Informationsablage
  • ein klares Rollenverständnis, also u.a. wer für was zuständig ist
  • die stetige Erfassung, Kommunikation und Bearbeitung von Hindernissen (Blockaden)
  • eine regelmäßige Reflexion darüber, wie die Zusammenarbeit verbessert werden kann

Frameworks wie Scrum (6) haben mit Planning, Review und Retrospektive (+ Daily) sehr hilfreiche Rituale formuliert, die universell hilfreich sind. Dies gilt auch, wenn die Projektbeteiligten nicht streng nach agilen Methoden bzw. dem Scrum-Framework arbeiten.

Effizienter werden gilt auch für das operative Geschäft

Eine weitere Alternative ist es, das operative Geschäft effizienter zu gestalten, z.B. über vereinfachte Prozesse, Automatisierungen und Ähnliches. Dies kann die notwendigen Kapazitäten schaffen, damit an wichtigen Zielen gearbeitet werden kann.

Wie eingangs erwähnt bedeutet so etwas meist Aufwand, für den zunächst Zeit gefunden werden muss. Effizienzsteigerungen im operativen Geschäft stehen somit also auch in Konkurrenz zu anderen strategischen Zielen sowie dem Alltag.

Nichtsdestotrotz ist es völlig legitim und in Teilen auch sehr hilfreich, ineffiziente Prozesse zu verbessern, insbesondere wenn die dafür notwendige Maßnahme wenig Aufwand bedeutet.

Schritt 5: Kapazitäten erhöhen

Als letzten möglichen Schritt überlegen wir, gezielt die Kapazitäten zu erhöhen. Es gibt zwei Gründe, warum dies in der Praxis der letzte Schritte ist, den eine Organisation in Betracht ziehen sollte:

1. Mehr Kapazitäten führen häufig nicht zu weniger Auslastung

Eine zu hohe Auslastung in Unternehmen entsteht meist entweder durch Wachstum oder durch ein fehlerhaftes Kapazitätsmanagement. Während der erste Grund positiv ist und in der Regel die Einstellung weiterer Menschen (oder Maschinen) rechtfertigt, ist die zweite Ursache problematisch.

Wenn das Verhaltensmuster besteht, zu viele Projekte, Ziele etc. zu beginnen, wird dies auch mit einer erhöhten Kapazität der Fall sein. Die Entlastung durch weitere Ressourcen wird dann nach kurzer Zeit wieder verpuffen. Daher ist es wichtig, zunächst zu reduzieren (siehe Schritt 2) und vor allem den Zufluss an neuer Arbeit zu steuern.

2. Mehr Kapazitäten wirken verzögert

Die Anschaffung neuer Maschinen oder die Einstellung weiteren Personals schafft erst mittelfristig eine Entlastung. Während Führungskräfte mehr oder minder über Nacht durch die Entscheidung, Projekte einzustellen, für mehr Zeit sorgen können, sprechen wir hier typischerweise über Wochen bis Monate.

Zudem kommt hinzu, dass die Einarbeitung von Menschen zunächst ebenfalls Zeit und Energie kostet, sodass es temporär sogar noch zu einer Verschlimmerung der Situation kommt – inklusive des Risikos, dass die eingestellte Person doch nicht die richtige ist. Gleiches gilt für Dienstleister, Zeitarbeiter oder Freiberufler, die ebenfalls erst den Kontext verstehen und dann effektiv mit den anderen Menschen zusammenarbeiten müssen.

TL;DR

Um neben dem Alltagsgeschäft Zeit für wichtige Unternehmensziele zu schaffen, sind folgende Schritte entscheidend:

  1. Status Quo erfassen: Systematisch dokumentieren, wofür aktuell Zeit verwendet wird, um objektivere Entscheidungen treffen zu können
  2. Reduzieren: Anzahl paralleler Projekte und operativer Tätigkeiten verringern, den Zufluss an neuer Arbeit bewusst steuern
  3. Effektiver handeln: Sich auf die wirksamsten Maßnahmen konzentrieren (z.B. durch „The One Thing“ oder „Big Easy“ Methode)
  4. Effizienter werden: Arbeitsroutinen optimieren und Hindernisse beseitigen
  5. Kapazitäten erhöhen: Als letzter Schritt – neue Mitarbeiter oder Ressourcen hinzufügen, aber nur nach Optimierung der vorherigen Punkte

Der Schlüssel liegt darin, Kontrolle über das Arbeitssystem zu erlangen, dann die Auslastung normalerweise zu reduzieren, den verbliebenen Rest zu optimieren, anstatt direkt mehr Ressourcen hinzuzufügen.

Quellen

(1) https://www.whatmatters.com/faqs/dear-andy-how-to-use-okrs-for-operational-roles
(2) https://hbr.org/2015/03/why-strategy-execution-unravelsand-what-to-do-about-it
(3) Keller, Gary. The One Thing: The Surprisingly Simple Truth Behind Extraordinary Results
(4) Morrison, Edward; Hutcheson, Scott; Nilsen, Elizabeth; Fadden, Janyce; Franklin, Nancy. Strategic Doing: Ten Skills for Agile Leadership
(5) Ward, Dan. FIRE: How Fast, Inexpensive, Restrained, and Elegant Methods Ignite Innovation (p. 3).
(6) https://scrumguides.org/scrum-guide.html