Ziele setzen ist einfach. Sie zu erreichen? Schwierig.

Viele Unternehmen setzen sich Ziele. Doch wie an den Zielen gearbeitet werden soll, ist häufig unklar. Mit dem EIN-Framework unterscheiden wir 3 Zieltypen, um die richtigen Entscheidungen für die Umsetzung zu treffen. 

Ziele zu setzen, ist verhältnismäßig einfach. Ziele tatsächlich zu erreichen, äußerst schwierig. Oft haben wir kein klares Vorgehen im Kopf, WIE wir das Ziel erreichen wollen. Die Folge: Wir verlieren zu Beginn wichtige Zeit und arbeiten ineffizient am Ziel. Bei der Zielverfolgung stellen sich unsere Kunden Fragen wie:

  • Sollen wir ein Projekt-Team dafür aufsetzen?
  • Reicht es, wenn eine Abteilung des Ziel federführend bearbeitet?
  • Welche Methoden bieten sich an?

Wenn die methodische und strukturelle Bearbeitung eines Ziels klar ist, wird die erfolgreiche und zeitnahe Umsetzung wahrscheinlicher.

Frameworks wie OKRs bieten hierzu keine Orientierung. Das ist auch nachvollziehbar, denn je nach Ziel, ist ein unterschiedliches Vorgehen angebracht. Das Ziel: “10% mehr Interessenten am Telefon vom Kauf unserer Software überzeugen” erfordert sicherlich andere Arbeitsweisen als “Mit einer neuen App helfen wir Sportlern ihre Keto-Diät einzuhalten.”

Auch die typischen Kategorien von Zielen sind eher beschreibend als handlungsorientiert: Ob ein Ziel kurz- oder langfristig ist, hilft mir nicht zu entscheiden, wie ich die anschließende Arbeit strukturieren sollte. Ebenso kann ein Marketing-Ziel bedeuten, bestimmte Kampagnenkennwerte zu verbessern oder einen Messeauftritt rechtzeitig fertig zu stellen. Jeweils ist eine ganz andere Vorgehensweise angebracht.

Was hilft zur Orientierung bei der Umsetzung?

Jedes Ziel wird zu einem gewissen Grad individuell bearbeitet werden müssen. Dennoch sind wir nicht orientierungslos. Es gibt für verschiedenste Problemstellungen mittlerweile ausreichend Forschung und Praxiserfahrungen, welche Vorgehensweisen hilfreich sind (siehe dazu Cynefin Framework von Dave Snowden oder Wardley Mapping von Simon Wardley).

Wenn wir über die Art der Herausforderungen bei unserem Ziel nachdenken, können wir sinnvolle Ableitungen für die Umsetzung treffen. Dazu unterscheide ich drei verschiedene Zieltypen (EIN-Framework):

  1. Ziele, die etwas Bekanntes erneut umsetzen (EXECUTE)
  2. Ziele, die etwas Vorhandenes verbessern wollen (IMPROVE)
  3. Ziele, die etwas Neues schaffen wollen (NEW)

Allein durch diese Unterscheidung können wir Schlussfolgerungen ziehen, welche Methoden, Strukturen, Menschen, Metriken und Zeiteinschränkungen für die Umsetzung des Ziels sinnvoll sind.

EXECUTE – Ziele, die etwas Bekanntes erneut umsetzen

Ziele werden gerne genutzt, um wichtige Projekte mit Fristen einzufangen, die eigentlich eine Routine für die Organisation darstellen. Beispielsweise kann es durchaus ein relevantes Business Ziel sein, den Messeauftritt 2025 souverän und fristgerecht hinzubekommen – wenngleich dies bereits die letzten Jahre schon der Fall war.

Es geht nicht darum, etwas Vorhandenes mit noch unbekannten Maßnahmen zu verbessern oder unbekanntes Neues zu erschaffen, sondern “nur” etwas Bekanntes (erneut) umzusetzen. Diese Unterscheidung ist enorm wichtig, weil wir dann planerisch agieren können (und sollten).

Hier können wir Methoden nutzen wie:

  • Klassisches Projektmanagement mit zentraler Steuerung durch eine Person
  • Wasserfall, Gantt-Charts etc. mit klaren Abfolgen und Aufgaben

Menschen: Typischerweise braucht es für solche Ziele eine Person mit guten Kommunikations- und Projektmanagement-Fähigkeiten. Hinzu kommen Menschen aus den benötigten Fachbereichen, die ihre Materie verstehen und zuverlässig die ihnen zugeteilte Arbeit erledigen können.

Struktur: Da die Organisation bereits Erfahrung in der Umsetzung eines solchen Ziels hat, ist meist keine besondere Struktur notwendig. Es ist beispielsweise plausibel, dass ein Projektmanager zentral die Aufgaben an die vorhandenen Abteilungen und Teams verteilt, ohne das formal ein separates Projekt-Team aufgestellt wird. Letzteres bleibt aber natürlich weiterhin eine Option.

Metriken: Zentrale Fragestellung bei derartigen Zielen ist, ob sich die Umsetzung im gesetzten Budget- und Zeitrahmen bewegt. Abweichungen vom Plan sollten zu angemessenen Interventionen führen.

Zeit: Da wir hier entweder gegen eine harte Deadline arbeiten (Messeauftritt) oder viel Erfahrung in der Umsetzung haben, sind genauere Zeitpläne durchaus möglich und hilfreich, um frühzeitig Abweichungen zu erkennen.

IMPROVE – Ziele, die etwas Vorhandenes verbessern wollen

Etwas Vorhandenes soll verbessert werden, bedeutet meist steigern, verringern, verändern. Solche Ziele beinhalten oft, sich auf vorhandene Prozesse oder Kennzahlen zu konzentrieren. Anders als bei NEW können wir hierbei auf vorhandene Daten und Erfahrungen zurückgreifen.

Wir können folglich analysieren und schlussfolgern, was wir verändern sollten. Häufig sind es dann viele kleine Verbesserungsschritte, die zu dem gewünschten Ergebnis führen.

In der Regel lohnt sich zunächst eine gemeinsame Analyse des Status quos, z. B. durch die Visualisierung des Prozesses, das Heranziehen von verschiedenen Metriken oder ein Selbsttest. Dies sollte bereits helfen, mögliche Verbesserungspotenziale oder Problemursachen aufzudecken.

Anschließend gilt es, Thesen zu bilden, was eine Verbesserung herbeiführen könnte und die vielversprechendsten – idealerweise isoliert messbar – umzusetzen. Abschließend prüfen wir, ob und in welchem Maße Fortschritte erzielt wurden.

Zu dem Methodenkasten gehören unter anderem:

  • A/B-Testings zur Ermittlung von wirkungsvolleren Varianten
  • Lean Management zur Eliminierung von Verschwendung und Wartezeiten
  • Six Sigma für die Beseitigung von Abweichungen und Qualitätsproblemen

Menschen: Für derartige Ziele ist ein Mix aus analytisch-orientierten und kreativ-denkenden Menschen hilfreich. Denn einerseits geht es viel um messen und auswerten, andererseits profitieren die Verbesserungsideen von kreativen Köpfen. Zudem sollten unbedingt Personen involviert werden, die im Tagesgeschäft mit dem zu optimierenden Thema zu tun haben. Dies ermöglicht wichtige Praxiseinblicke und erhöht die Akzeptanz der getroffenen Maßnahmen.

Struktur: Je nach Umfang des Ziels kann ein einzelnes Team/Abteilung betroffen sein (Verbesserung des Verkaufsgesprächs durch den Vertrieb) oder mehrere Parteien (Steigerung der Umsätze mit Produkt X). Entsprechend kann ein Projekt-Team aufgesetzt werden oder eine Abteilung / Team eigenständig ggf. mit Unterstützung von Experten (z. B. Data Analyst) agieren.

Metriken: Quantitative Metriken sind entscheidend für derartige Ziele. Dabei reichen meist nicht finale Bewertungsmetriken wie z. B. Umsatz aus, sondern es müssen für Analyse und Optimierungszwecke weitere Kennziffern herangezogen werden (z. B. Conversion Rate von Landing Page zur Registrierung oder Fehlerquote von Schritt 1 zu Schritt 2 in der Prozesskette).

Zeit: Auch bei diesen Zielen wissen wir nicht genau, wann wir den gewünschten Zustand erreicht haben werden, da wir unter anderem nicht die Wirkung der geplanten Maßnahmen sicher abschätzen können. Zeitvorgaben sind hier nur ein kommunikatives Mittel, um entweder Druck auszuüben oder den spätesten Evaluierungspunkt zu setzen.

Viel entscheidender ist die Frage, wie schnell die Wirkung der getroffenen Maßnahmen verlässlich messbar ist. Wenn bei Kunden vor allem zur Weihnachtszeit Spekulatius kaufen, sind Maßnahmen zur Umsatzsteigerung erst dann wirklich auswertbar. Dieser Zusammenhang sollte zuerst klar werden, bevor zeitliche Restriktionen gesetzt werden. Im besten Fall werden Wege gefunden, den Feedback-Zeitraum zu minimieren.

NEW – Ziele, die etwas Neues schaffen wollen

Etwas Neues kann ein Produkt sein, eine gewichtige neue Regulatorik (Einführung DSGVO) oder einen neuen Markt zu erschließen. Zentraler Punkt ist: Wir haben es mit etwas für uns Unbekannten zu tun. Folglich haben wir intern keine verlässlichen Daten zur Orientierung. Wir können auf keine Erfahrungswerte zurückgreifen. Es gibt keine Vorlage oder einen Detailplan.

Da wir bei solchen Zielen vor allem die Unbekannten adressieren müssen, bieten sich folgende Methoden an:

  • Design Thinking zur Exploration von Problemen und Lösungsansätzen
  • Lean Startup zum validierten Lernen bei der anfänglichen Lösungsentwicklung
  • Agile / zyklische Arbeit z. B. nach Scrum, um die anvisierte Lösung flexibel umzusetzen

Egal welche Methode es am Ende ist, entscheidend ist, zunächst sehr offen zu denken, verschiedene Lösungswege zu erkunden und durch praktisches Erfahrungen möglichst schnell zu lernen, um einen passenden Weg zu finden.

Menschen: Hierbei werden vor allem Menschen gebraucht, die neugierig und kontaktfreudig sind, über den Tellerrand gucken wollen und sich nicht verunsichern lassen, wenn ihre initialen Ideen nicht funktionieren. Zielgruppen- bzw. Marktkenntnis, Kreativität und unkonventionelles Denken sind hier ebenfalls sehr hilfreich.

Struktur: Für solche Ziele sind oft unterschiedliche Disziplinen notwendig. Dafür sind crossfunktionale Teams ideal. Wenn solche Strukturen in der Organisation nicht vorgesehen sind, ist zumindest ein festes, interdisziplinäres Projektteam sinnvoll.

Metriken: Quantitative Performance-Metriken wie Umsatz sind hier zu Beginn nicht hilfreich. Stattdessen ist es zuerst empfehlenswert, qualitatives Feedback einzuholen, um blinde Flecken aufzudecken. Lieber mit 30 Testkunden sprechen, als ein KPI-Dashboard zu erstellen, um Woche für Woche zu sehen, dass sich die Umsatznadel kaum bewegt.

Zeit: Da wir es bei solchen Zielen mit vielen Unbekannten zu tun haben, lässt sich keine verlässliche Einschätzung zu den erwarteten Ergebnissen nach Zeitraum X treffen. Stattdessen sollte eher in regelmäßigen Intervallen geprüft werden, ob ausreichend Fortschritte gemacht werden oder eine Veränderung notwendig ist. Es bleibt aber natürlich legitim, einen Zeitrahmen (oder Budget) zu setzen, nachdem spätestens das Unterfangen evaluiert werden soll oder regulatorische Strafen drohen.

TL;DR

Ziele zu setzen ist einfach, sie zu erreichen oft schwierig. Um die Umsetzung von Zielen effektiver zu gestalten, hilft eine Unterscheidung in drei Zieltypen (EIN-Framework):

EXECUTE (Bekanntes umsetzen): Wenn es um die Wiederholung bekannter Aufgaben geht (z. B. Messeauftritte), sind klassische Projektmanagement-Methoden mit klaren Zeitplänen und Verantwortlichkeiten am effektivsten.

IMPROVE (Vorhandenes verbessern): Bei der Optimierung bestehender Prozesse oder Kennzahlen können wir auf vorhandene Daten und Erfahrungen zurückgreifen. Hier sind analytische Methoden wie A/B-Testing oder Lean Management gefragt, kombiniert mit der Expertise der direkt Beteiligten.

NEW (Neues schaffen): Hier geht es um das Entwickeln von neuen Produkten oder das Erschließen unbekannter Märkte. Diese Ziele erfordern explorative Methoden wie Design Thinking oder Lean Startup, crossfunktionale Teams und einen Fokus auf qualitatives Feedback statt quantitativer Metriken.